Schüler diskutieren mit Politikern auf Augenhöhe
Hürth/Wesseling. Der Abschlusstag der Projektwoche am Goldenberg Europakolleg unter dem Motto des Europäischen Wettbewerbs „Europa hilft – hilft Europa?“ wartete in diesem Jahr mit einer Premiere auf – im Rahmen eines Europa-Cafés diskutierten rund 100 Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs mit Politikern zu verschiedenen Themen rund um Europa. Beispielsweise erörterte Willi Zylajew, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion und ehemaliges Mitglied des Bundestags, wie man Migration verantwortungsvoll gestalten kann. Um die Rolle Europas in der Welt ging es am Tisch von Christian Pohlmann (FDP), während Hans Decruppe (Die Linke) sich zusammen mit den Schülern dem Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA widmete. Zu den weiteren Themen gehörten die infrastrukturelle Mobilität innerhalb Europas (Dierk Timm, SPD), der Klimawandel, Datenschutz und Datenmissbrauch sowie die unterschiedlichen Institutionen der Europäischen Union.
Das Europa-Café kam bei Schülern und Politikern überaus gut an. Jona Reitmeier (17), Unterstufenschüler bei den Landmaschinenmechatronikern, äußerte sich zufrieden über die Möglichkeit, die Regierungsvertreter hautnah zu erleben: „Ich habe die Diskussionen genossen, auch wenn die Meinungen teilweise gegensätzlich waren. Ich bin sicher, dass ich viele Informationen, die ich heute erfahren habe, in zukünftigen Gesprächen verwenden werde.“
Daniel Hartmann (21), angehender Industriemechaniker, bewertete positiv, die ehrliche Meinung der Politiker im Gespräch zu erfahren anstatt vorgefertigte Äußerungen in den Medien zu hören. Mit letzteren ging Yasmin Ute Hoppenau (19), Gestaltungstechnische Assistentin im Abitur-Bildungsgang, kritisch ins Gericht. Sie begrüßte die Gelegenheit, im Europa-Café Politik mitzuerleben, empfindet aber eine Diskrepanz zwischen den persönlichen Äußerungen und der Berichterstattung über Politik in den Medien. Daraus zieht sie ihr persönliches Fazit: „Wenn man sich für Politik interessiert, muss man selbst aktiv Informationen beschaffen und darf sich nicht nur auf eine einzige Quelle beschränken.“
Auch die Politiker zogen ein positives Resümee. Axel Voss, Abgeordneter der CDU im Europäischen Parlament, war begeistert vom „Europa-Speed-Dating“, wie er die Diskussionsrunden augenzwinkernd bezeichnete, das für viele intensive Kontakte sorgte. Auch die thematische Bandbreite der Veranstaltung zeuge von einer ausgewogenen Mischung aller Themen, die das Leben in Europa zurzeit beschäftigt. Dr. Stephan Koppelberg, Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Bonn, freute sich, einmal wieder in einem Berufskolleg zu sein – dieses Mal als Gast und nicht als Schüler, wie zu der Zeit, als er eine Ausbildung als Industriekaufmann absolvierte. Er nutzte die Diskussionsrunden, um über die Zuständigkeiten innerhalb der EU zu informieren. „Die Jugendlichen waren teilweise nicht sicher, was betrifft die EU, und was nicht. Hier ist es notwendig zwischen europäischer, Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik zu unterscheiden.“ Schließlich fasst er den Vormittag mit den Worten zusammen: „Sie haben die Bezeichnung Europakolleg verdient.“
Matthias Herwartz, Schulleiter des Goldenberg Europakollegs, ging in seinem Schlusswort auf das Grundgefühl ein, das viele Menschen bezüglich der fernen EU-Politik und beim Anblick der vielen Flüchtlinge ergreift: „Das Fremde macht häufig Angst. Ich hoffe, dass diese Diskussion dazu beigetragen hat, weniger Angst – auch vor der Politik – zu empfinden.“
Die Organisatoren des Europa-Cafés, Ingo Schlierbach und Stefan Wilhelmi vom Goldenberg Europakolleg sowie Kirsten Eink von der Europa-Union NRW, einer deutschlandweit tätigen Nichtregierungsorganisation, die seit 1946 für eine weitreichende europäische Integration eintritt, zogen ebenfalls ein positives Fazit. So Frau Eink: „Die Atmosphäre im Goldenberg Europakolleg war klasse. Ich bin hier auf interessierte junge Menschen getroffen, die sich nicht scheuten, den thematischen Rahmen der Diskussionsrunden zu sprengen. So kamen auch Fragen zu Griechenland und zur Eurokrise auf.“
Wer sich für die verschiedenen Europa-Projekte und Bildungsgänge am Goldenberg Europakolleg interessiert, kann sich am diesjährigen Informationstag in Hürth informieren. Am Samstag, 14. November, öffnet das Berufskolleg in Hürth ab 9.30 Uhr seine Türen. Lehrer und Schüler beraten zu den Abitur- und Fachabitur-Bildungsgängen und bieten Besichtigungen der Werkstätten und Ateliers an.
MÜN