Spontane Hilfsaktion war Schülern ein starkes Bedürfnis
Hürth/Kerpen. Anstoß zu der Hilfsaktion vor Weihnachten gab für die Gestaltungstechnischen Assistenten mit dem Abschluss Allgemeine Hochschulreife (GTAO) der Religionsunterricht unserer Kollegin Frau Drensler. Innerhalb des Unterrichtsthemas „Gerechtigkeit“ ergab sich sehr schnell auch eine Diskussion über die „neue Armut“ bzw. Kinderarmut in Deutschland und damit einhergehend auch über die oft sehr schwierigen Lebensbedingungen von Flüchtlingen in unserem Land.
Spontan entstand bei den Schülerinnen und Schülern der Wunsch, selbst aktiv zu werden, sich einen Eindruck zu verschaffen, die Lebenssituation der Flüchtlinge selbst zu erleben und letztendlich gezielt sowohl materielle als auch emotionale Unterstützung zu leisten. Der 19-jährige David war Feuer und Flamme: „Da muss man doch was tun! Wir möchten helfen!“
Kurzer Hand organisierte Pfarrerin Simone Drensler zusammen mit ihrem Mann Frank Drensler, Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde Kerpen-Sindorf, einen Projekttag für ihre Klasse. Zusammen mit den Flüchtlingsbeauftragten der Stadt Kerpen Frau Besgen und Herrn Özbey bekamen die Schülerinnen und Schüler am 18.12. die Chance, sich intensiv zu informieren und persönlich Einblick zu nehmen in die Lebensumstände der in Kerpen lebenden Flüchtlinge. „Man geht täglich an Flüchtlingsheimen vorbei, begegnet den Bewohnern, unseren Nachbarn, täglich in unseren Heimatstädten – und doch wissen wir überhaupt nichts über diese Menschen, kommen nicht mit ihnen in Kontakt.“ , umschrieb die 19-jährige Hanna die Situation. Um dem entgegenzuwirken nahmen die Flüchtlingsbeauftragten sich sehr viel Zeit und beantworteten geduldig die zahlreichen Fragen der Schülerinnen und Schüler. Sie berichteten unter anderem über das komplizierte und für die Betroffenen nervenaufreibende Prozedere der Asylbeantragung, über die Unterbringung, Verpflegung und medizinische Versorgung der Bewohner. Die Bearbeitung eines Asylantrags kann unter Umständen Monate dauern, in dieser schweren Zeit der Ungewissheit, der Ängste um zurückgebliebene Familienmitglieder, der Ängste um die eigene Zukunft müssen die Flüchtlinge intensiv betreut werden. Die zum Teil traumatisierten und entwurzelten Menschen sind oft perspektivenlos und verbringen ihren Tag schlichtweg mit „Warten“. Ein Besuch im Sindorfer Flüchtlingsheim bestätigte der Klasse die schwierigen Verhältnisse. Dabei war es allen Beteiligten sehr wichtig, den Schwerpunkt auf die Begegnung zwischen Bewohnern und Besuchern zu legen und keinesfalls diese Erfahrung zu einer „Beschauung“ zu degradieren. Die 19-jährige Anna resümierte: „Die Atmosphäre war schon sehr bedrückend. Wir sind mit etlichen Bewohnern ins Gespräch gekommen und jeder bestätigte uns die festgefahrene Situation. Umso bewundernswerter ist das uneingeschränkte Durchhaltevermögen und die Disziplin der Menschen dort, angesichts der eingeschränkten und sehr abgelegenen Wohnsituation. Die Menschen hier möchten sich integrieren, sie möchten arbeiten und sie möchten unsere Sprache lernen – dazu brauchen sie allerdings Geduld – und auch Hilfe aus der Bevölkerung.“ Auch in materieller Hinsicht sind die Bewohner auf Spenden angewiesen und das nahmen die Schülerinnen und Schüler im Vorfeld zum Anlass, eine Geschenkaktion für das Sindorfer Wohnheim zu organisieren. Sie kauften Lebensmittel und sammelten im Familien- und Freundeskreis Kleidung und Spielzeug,
„nicht nur, um sie materiell zu versorgen, sondern hauptsächlich, um ihnen -gerade in der Weihnachtszeit- zu signalisieren, dass wir an sie denken, dass sie nicht alleine sind, dass wir, als Nachbarn, für sie da sind.“, so der Klassensprecher Alexander. Die Schülerinnen und Schüler bedankten sich sehr herzlich bei den Bewohnern für den sehr intimen und privaten Einblick, der ihnen gewährt wurde und einen tiefen, sehr nachhaltigen Eindruck hinterließ.
Auch in Zukunft möchte die Klasse den neuhergestellten Kontakt aufrecht erhalten und plant schon für den Januar einen Bowlingabend mit den jugendlichen Bewohnern des Hauses.
Wir bedanken uns noch einmal sehr herzlich bei Simone und Frank Drensler, die diesen Tag ermöglicht haben. Pfarrer Frank Drensler betreut auch in seiner Gemeinde Kerpen-Sindorf intensiv Flüchtlingsfamilien. Im Gemeindezentrum werden Sprachkurse angeboten, Unterstützung bei Schriftverkehr wird gewährleistet und natürlich für seelsorgerische Betreuung gesorgt. (Höh)