ZDH-Präsident Wollseifer fordert „Meister statt Master“
Hürth/Köln. Ende Mai feierte die Werbetechniker-Innung Köln-Bonn-Aachen ihr 90-jähriges Jubiläum.
Der Zentralverband Werbetechnik (ZVW) nahm dieses bedeutsame Ereignis zum Anlass, seine Jahreshauptversammlung in Köln auszurichten.
Ehrengast der zweitägigen Veranstaltung war Hans Peter Wollseifer (58). Der seit Januar amtierende Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) stammt aus Hürth, wo er als Malermeister mit 21 Jahren den elterlichen Betrieb übernahm. Schon früh hat er sich in der Maler- und Lackiererinnung sowie in der Kreishandwerkerschaft Rhein-Erft engagiert und nahm im Mai 2010 das Präsidentenamt der Handwerkskammer zu Köln an.
In seiner Festrede »Das Handwerk – Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven« ging er auf die Bedeutung des Handwerks ein. Handwerk sei ein wichtiger Stabilisierungsfaktor in der Gesellschaft.
So kritisierte er den Mindestlohn als »Konkurrenzlohn« zur Ausbildungsvergütung, die Rente mit 63 Jahren und die Energiereform, deren Kosten für das Handwerk unverhältnismäßig seien.
Die Werbetechniker lud er ein, an der medialen Präsenz des Handwerks mitzuarbeiten: »Handwerk ist frisch, Handwerk ist da – wir müssen es nur zeigen«.
Besonders liegt Wollseifer die Ausbildung am Herzen und er erteilte der zunehmenden Akademisierung eine Absage: »Jeder hat Talente, aber Talente müssen anerkannt werden«. Diese Wertschätzung erführen junge Menschen im Handwerk: »Wir bieten hohe Löhne, flache Hierarchien und starke soziale Bindung«.
Der Wettkampf um die besten Köpfe habe längst begonnen. Entschieden aber werde er auf politischer Ebene immer mehr in Brüssel, so Wollseifer, und er forderte die Handwerker auf, sich Europa nicht zu verschließen.
Markus Beusch, gelernter Werbetechniker und Fachlehrer am Goldenberg Europakolleg, begrüßte die klaren Worte des ZDH-Präsidenten: »Er versprach in Berlin und Brüssel dafür einzutreten, die duale Ausbildung nicht nur beizubehalten, sondern weiter zu stärken.«
In den folgenden Fachreferaten stellte Filialdirektor Frank Bergemann von der SIGNAL IDUNA Gruppe die gewerbliche Absicherung durch die »Meisterpolice PRO« vor. Innungsmitglieder bekommen auch weiterhin 12 % Rabatt auf die Versicherungsprämien.
Ein Thema, was derzeit die Branche beschäftigt, ist die DIN EN 1090. Hierzu referierte Dipl.-Ing. Andreas Otte, Leiter der Zertifizierungsstelle für DIN EN 1090, ZDH-ZERT GmbH, Bonn. Ausführlich erläuterte der Referent das Zertifizierungsverfahren und ging auch auf die Kosten einer Zertifizierung ein.
Über die „Richtige CE-Kennzeichnung von Lichtwerbeanlagen gemäß Niederspannungsrichtlinien”, informierte abschließend der stellvertretende Bundesinnungsmeister Frank Berenbrinker.
Horst Welter, Geschäftsführer des Unternehmens Wespitec, eines Großhändlers der graphischen Industrie, ließ es sich trotz seines 50. Geburtstages nicht nehmen, selbst den neuen Tischapplikator »Easy Table« vorzuführen. Wespitec reagiert mit diesem flexiblen Tischapplikator auf die Bedürfnisse der Branche und ist damit vom reinen Händler zum Produktentwickler avanciert. Die robuste und leichte Stahlkonstruktion entsteht in Kooperation mit einem deutschen Maschinenbauunternehmen. Aufgrund der Bauweise und der Verwendung von qualitativ hochwertigen Komponenten vergibt Wespitec eine 3-jährige Herstellergarantie, »und das, obwohl keinerlei Wartung notwendig ist«, so Welter. »Und die Konstruktion ist jederzeit durch Anbau weiterer Tischmodule erweiterbar und mit optionalem Zubehör wie z. B. Beleuchtung, Rollenhalter oder Schneidematten einfach nachrüstbar.«
Beim feierlichen Festakt im Hyatt Hotel spannte Innungsobermeister Markus Bäcker in seiner Rede einen großen historischen Bogen vom römischen Köln, das bereits für seine bunten Schilde bekannt gewesen war über die mittelalterliche Zunft der Schilderer – so lautete die Bezeichnung für den Beruf der Schilder- und Lichtreklamehersteller im Mittelalter – bis zur Innungsgründung 1924.
Die Kölner Straße, in der die blühende Zunft jahrhunderte ansässig war, zeugt heute noch mit ihrem Namen von diesem alten Handwerk – die Schildergasse. Mittlerweile nennen sich die selbstständigen Handwerker auch kurz und knapp Werbetechniker, ein Name, der deutlich macht, dass der Beruf längst viel mehr umfasst, als die Kunst des Schildermalens und der Neonwerbung.
Auch auf eine schwierige Zeit in der nun bald hundertjährigen Geschichte der Werbetechnik-Innung ging er ein. Mit Novellierung der Handwerksordnung 2004 fiel der Beruf aus der so genannten Anlage A in Anlage B, in das Verzeichnis der zulassungsfreien Gewerbe. Plötzlich gab es keinen Meisterzwang mehr für das Handwerk, das riesige Werbetürme erstellt und Leuchtwerbeanlagen im Hochspannungsbereich mit durchaus 8000 Volt montiert. An dieser Stelle warf ein Innungsmeister ein: „Da fragt man sich, ob ein Stromschlag für uns Werbetechniker ungefährlicher ist als für die Elektriker.“ Und Assessor Günter Reichel, der Ende des Jahres seinen Posten als Geschäftsführer des ZVW aufgibt, versprach, dass sich der Bundesinnungsverband weiterhin auf politischer Ebene dafür einsetzt, dass Werbetchnikerhandwerk zu stärken.
Innung als traditionelles Social Media
Bäcker betonte abschließend in seiner Rede die aktuelle Bedeutung der Innung und verglich sie mit einem sozialen Netzwerk wie Facebook. »Hier tauschen sich alle aus und profitieren vom Wissen und der Erfahrung anderer Werbetechniker.« Wer sich nicht in der Innung vernetze, verzichtet auf einen großen Wettbewerbsvorteil. Daher appellierte er an den Nachwuchs, der Innung beizutreten, und kein Einzelkämpfer-Dasein zu führen.
Der offizielle Teil endete mit Ehrungen in den Reihen des Zentralverbands Werbetechnik. So wurden einige „Silberne Ehrennadeln“ durch Bundesinnungsmeisterin Martina Gralki-Brosch verliehen. Darunter auch an Obermeister Markus Bäcker, der außerdem noch die Auszeichnung für die hervorragende Arbeit der Innung Köln-Bonn-Aachen zum Wohle ihrer Mitglieder entgegennahm.
Als Höhepunkt wurde ZVW-Geschäftsführer Günter Reichel für seine langjährigen Verdienste um das Werbetechnikhandwerk der Ehrenmeistertitel verliehen. Stellvertretend für den Arbeitskreis der Berufsschullehrer für Werbetechnik in Deutschland dankte ihm anschließend Markus Beusch für die vertauensvolle Zusammenarbeit von Verband und Schulen, bevor Reichel zum Abschluss sichtlich gerührt aus den Händen von Berufsschullehrerin und Werbetechnikmeisterin Lydia Trost einen Zugwaggon entgegennahm, der von einem Miniatur-Schildermaler mit dem Verbandslogo beschriftet wird. (MÜN)