Problemsteine im Hause Gottes

Erster Offener Gottesdienst von St. Katharina und dem Goldenberg Europakolleg

Hürth. Obwohl die Kirche St. Katharina in Alt-Hürth nur einen Steinwurf vom Goldenberg Europakolleg entfernt liegt, gab es bisher keine Berührungspunkte zwischen den beiden Einrichtungen. Das hat sich nun geändert: Marisa Hautvast, Lehrerin für Deutsch und katholische Religion, hat gemeinsam mit einer Berufsschulklasse einen offenen Gottesdienst geplant unter dem Motto „Der Weg – ein Schritt ans Ziel“. Mit im Team war Pfarrer Heribert Müller, Pastoralreferent Alexander Daun und Klassenlehrer Markus Beusch.

Am Mittwoch, 24. Mai, fand der Gottesdienst statt, der alle Religionen willkommen hieß. Empfangen wurden die Gottesdienstbesucher von einem roten Teppich, der zum Altar führte. Er symbolisierte, dass wir uns in der Kirche alle als Stars fühlen dürfen, die sich mit ihrer Last und ihren Problemen auf Gott stützen können. Diese Probleme konnten alle Besucher zu Beginn des Gottesdienstes auf Steine schreiben. Pfarrer Heribert Müller berichete aus seiner Arbeit mit Jugendlichen, bei der ihm ein Mädchen gesagt hatte, dass die Steine, die ihr vom Herzen fallen, das Fundament ihres Lebens darstellen.

Zeit – das war das am häufigsten genannte Problem, entweder als Zeitdruck oder Zeitmangel. Angeregt durch Lesung und Predigt entwickelten die Besucher Lösungen, die sie auf die Rückseite der Problemsteine schrieben. Aus ihnen bauten sie vor dem Altar einen Turm – vergleichbar mit einem neuen Fundament für den weiteren Lebensweg. Der Gottesdienst endete mit einem gemeinsamen Frühstück und einer Luftballon-Aktion, bei der die Jugendlichen ihre Problem und den möglichen Lösungsweg in den Himmel aufsteigen ließen.

Die Reaktionen der Lehrer und Schüler – egal welcher Konfession sie angehörten – waren positiv. Michael Färber (18) und Felix Schöling (17), beides Maschinenbautechnische Assistenten im Abitur-Bildungsgang, hatten für die Teilnahme sogar einen anderen Termin verschoben. Felix: „Der Gottesdienst hat mir gefallen, er war sehr kurzweilig gestaltet.“ Und Michael kann sich vorstellen, auch an weiteren schulischen Gottesdiensten teilzunehmen.

Wie kam es dazu, mit Berufsschülern einen Gottesdienst zu gestalten? Marisa Hautvast absolviert gerade einen Qualifizierungskurs Schulpastoral. Das bedeutet, dass sie Schule nicht nur als Lernort, sondern als Lebensraum für die Schüler und Lehrer aus christlicher Sicht gestalten möchte, der über den Unterricht hinaus geht. Zusätzliche Angebote zur freiwilligen Teilnahme beispielsweise an Projekten gehören dazu. Schulpastorale Arbeit stellt den Menschen, unabhängig von Bewertungsmaßstäben des schulischen Erfolgs, in den Mittelpunkt. Jugendliche sollen vielmehr in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit unterstützt werden und sich als Teil einer Gemeinschaft begreifen. Es sollen aber auch Möglichkeiten der Besinnung und der Auszeit geboten werden. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin: ein Kirchenprojekt mit Schülern gestalten.

Marisa Hautvast entschied sich dafür, gemeinsam mit einer Klasse von Werbetechnik-Azubis ein Projekt aus dem Lernfeld der Liturgie zu bearbeiten und eine fächerübergreifende Lernsituation mit den Schülern zu durchlaufen, bei der Pfarrer Müller und Pastoralreferent Alexander Daun als Auftraggeber fungierten. Der Auftrag war es, gemeinsam mit mit ihnen einen offenen Gottesdienst für die Schulgemeinde des Goldenberg Europakollegs jugendnah zu gestalten. Außerdem sollten die Schüler eine Werbekampagne entwerfen, die auf Jugendliche abzielte. Hierbei konnte sie eine interessante Entwicklung beobachten: „Zunächst sahen die Schüler die Kirche als Auftraggeber und konzentrierten sich vor allem auf die Gestaltung der Werbemittel, die auf den Gottesdienst aufmerksam machen sollten.“ So galten die ursprünglichen Fragen dem Budget, der Zielgruppe oder der Personenkapazität des Kirchenraumes  – Fachbegriffe, welche die Azubis aus dem Theorieunterricht und ihrem beruflichen Umfeld bereits kannten. Doch Marisa Hautvast konnte feststellen, dass die Berufsschüler mit dem Fortschritt des Projektes mehr und mehr einen spirituellen Bezug zum Gottesdienst verspürten. Sie gestalteten den Ablauf und entwickelten Ideen für die einzelnen Abschnitte des Gottesdienstes. Und auch die Werbetechniker-Klasse ist zufrieden mit dem Ergebnis ihres Projektes. So lautet das Fazit von Jennifer Inden (21): „Der Gottesdienst ist uns trotz kleiner Anlaufprobleme echt gut gelungen. Alle Gruppen wie Werbemittel, Deko, Musik oder Catering haben gemeinsam einen schönen Gottesdienst gestaltet.“

Für Marisa Hautvast wurde das Lernziel ihres Projektes erreicht. Den Schülern wurde klar, dass sie mit all ihren Talenten gemeinsam etwas verantwortungsvoll für die Gesellschaft tun können und selbst Kirche bzw. Gemeinschaft sind.

MÜN